Obersteirische Rundschau, 15. /16. Mai 2024, Ausgabe Bruck an der Mur

Seite 37 15./16. Mai 2024 DAS KANN HOLZ www.rundschau-medien.at angemeldet. Aufs Handwerk gestoßen ist er durch seine Tätigkeit als Bergführer. „Viele hochalpine Hütten sind geschindelt. Die Dämmwirkung ist fantastisch, genauso die Wetterbeständigkeit. Einem Schindeldach kann zum Beispiel auch Hagel nicht wirklich etwas anhaben.“ In der Nähe von Zermatt in der Schweiz hat er vor einigen Jahren einen Schindelmacher kennengelernt. „Mich hat das absolut fasziniert, ich bin im Urlaub zu ihm gefahren und habe mitarbeiten dürfen. Die Arbeit mit Holz taugt mir ungemein.“ Der richtige Baum. Mit handwerklichem Geschick allein ist es nicht getan, es braucht den Blick fürs Material, ein Schindelstamm muss besondere Voraussetzungen erfüllen. „Üblichwerweise wachsen geeignete Bäume von 1400 Meter Seehöhe aufwärts“, sagt Pfaffeneder. In diesen Lagen ist gewährleistet, dass der Baum im Frühjahr und Sommer im Wuchs nicht zu stark anschiebt und die Sommer- und Winterringe ein möglichst homogenes und dichtes Bild ergeben. Zudem darf der Baum nicht zu stark dem Wind ausgesetzt sein, damit er gerade wächst. Weitere Kriterien sind möglichst wenig Äste sowie natürlich ein gewisser Durchmesser. Der innerste Kern wird nicht verwendet, ebenso der Splint, das sind die jüngsten äußeren paar Zentimeter. „Und dazwischen muss eben genug übrigbleiben“, sagt Pfaffeneder. 80 bis 100 Jahre alt sollte ein guter Baum daher in der Regel schon sein. Geeignete Kandidaten findet der Bergfex mitunter auf seinen Touren – „dann rede ich mich halt mit dem Waldbesitzer zusammen.“ Jedes Stück per Hand. Bei der Fertigung muss das Holz ordentlich feucht sein. „Zu trocken lässt es sich ganz schlecht bearbeiten“, sagt Pfaffeneder. Es sind im Wesentlichen drei Arbeitsschritte, die nötig sind. Erst das Spalten mit Spalteisen und Hammer, je nach Größe der Schindel zwischen zirka einem halben und gut einem Zentimeter dick, allenfalls Begradigen der Seiten mit dem Beil. Dann das Abziehen mit dem Reifmesser, sodass die Schindel zum oberen Ende hin dünner wird – „das erleichtert das überlappende Verlegen“, so Pfaffeneder. Und letztendlich das Schneiden einer abgeschrägten Fase an der Unterseite. Das ist der einzige Schritt, bei dem Pfaffeneder bei hoher Stückzahl ab und zu eine Maschine anstelle des Messers einsetzt, ansonsten geschieht alles in reiner Handarbeit. Richtung und Menge. Bevor die Schindeln verwendet werden, trocknen sie ein paar Monate. Dann kommt das Holz so aufs Dach oder auf die Fassade, wie es gewachsen ist. Das heißt, die Schindeln sind immer in Wuchsrichtung gefertigt, die Wurzelseite unten, die Wipfelseite oben. „Normalerweise wird dreifach überlappend geschindelt“, erklärt Pfaffeneder, zweifach allenfalls auf sehr wetterbegünstigten Fassaden. „Schindeln ist für die Leute oft ein Familienprojekt. Da komme ich zum Andecken hin, erkläre, wie alles geht, und die Kundschaft macht dann selber weiter.“ Jedenfalls dann, wenn es um eher dekorative Vorhaben geht, um Brunnendacherl, Marterl oder kleinere Vordächer. Je mehr tatsächlich Dämmung und Dichtigkeit gefragt sind, umso eher sollte das Anbringen der Schindeln auch Expertenarbeit sein. „Familienprojekte“ vertragen sich jedenfalls auch besser mit Pfaffeneders Produktionskapazität als Einmannbetrieb. „Bei Ausschreibungen etwa für Kirchtürme mache ich gar nicht mit, das wäre von der Menge her für mich nicht zu stemmen“, sagt mit Holz taugt mir ungemein“ er. An guten Tagen und wenn auch das Material wirklich perfekt passe, könne er Schindeln für fünf Quadratmeter in Dreifachdeckung herstellen, schätzt Pfaffeneder – „realistisch sind aber eher drei bis vier“. ... Bäume stehen grob geschätzt in den steirischen Wäldern, das sind rund 700 Stück pro Steirerin oder Steirer. Prozent der Landesfläche: Die Steiermark ist das waldreichste Bundesland. ... Prozent der Holzernte werden in Österreich verarbeitet. So bleibt die Wertschöpfung im Land. ... Kräftige Zahlen ... Festmeter wachsen jährlich dazu. Jeder einzelne davon hat beim Wachsen eine Tonne CO2 gespeichert. Mit Schwung, Gespür und scharfem Werkzeug: Abziehen einer Schindel mit dem Reifmesser. Fotos: KD

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